Dass in vielen Alltagsprodukten gesundheitsschädliche Chemikalien stecken, ist kein Geheimnis. Eine vierjährige Forschungsstudie hat nun gezeigt, dass unsere "Alltagsgifte" auch die männliche Zeugungsfähigkeit beeinträchtigen.
500 Paare mit Kinderwunsch nahmen an der Studie teil, die im Februar 2014 von "Fertility & Sterility" veröffentlicht wurde: Männer wie Frauen wurden einer Reihe von Chemikalien ausgesetzt. Besonders bei den Phthalaten, die z.B. in Plastikflaschen und Körperlotionen als Weichmacher enthalten sind, zeigten sich signifikante geschlechterspezifische Unterschiede. Dadurch dass Frauen wesentlich häufiger mit Phthalaten in Verbindung kamen, waren auch ihre gemessenen Phthalatwerte höher als bei den Männern. Jedoch reagierten nur die Männer auf diese Gifte mit Unfruchtbarkeit.
Phthalate sind schon seit Längerem als Endokrine Disruptoren bekannt, das heißt als Stoffe, die das Hormonsystem des Körpers schädigen. Sie werden außerdem mit einer Reihe von anderen gesundheitlichen Problemen wie Geburtsschäden, Krebs und Diabetes in Verbindung gebracht.
In den letzten zwanzig Jahren häufen sich die Studien, die vermuten lassen, dass Phthalate das männliche Fortpflanzungssystem verändern. Sie stören die Produktion von Testosteron. Deshalb können überall dort weitreichende Schäden entstehen, wo Testosteron benötigt wird, von der Hodenentwicklung bis zur Spermienqualität.
Die Forscher sind von dem Ergebnis wenig überrascht. Denn bereits Zellstudien und Tierversuchen hatten zu ähnlichen Beobachtungen geführt.
Zwar haben auch Frauen androgene Hormone, die für die Fortpflanzung notwendig sind, allerdings in geringerem Ausmaß. Deshalb sind die Auswirkungen von Phthalaten auf die weibliche Fruchtbarkeit wesentlich weniger gravierend.
Doch auch wenn inzwischen erwiesen ist, dass Weichmacher die männliche Fruchtbarkeit negativ beeinflussen, ist noch immer nicht klar, in welchem Ausmaß. Denn es gibt viele unterschiedliche Arten von Phthalaten. Während einige relativ harmlos scheinen, bergen andere ein größeres Risiko. Hinzu kommt, dass Weichmacher nicht die einzigen Umweltgifte sind, die die Unfruchtbarkeit beeinflussen. Auch Schwermetalle wie Blei und Cadmium, die sich im Körper einlagern, schädigen den Organismus. Während das Risiko hier allerdings vor allem in der Langzeitwirkung besteht, werden die Weichmacher sofort verstoffwechselt.
Gefährlich sind Phthalate vor allem deshalb, weil sie so häufig verwendet werden: für Kosmetik, in der Verpackung, bei Reinigungsmitteln und anderen Haushaltsprodukten. Selbst für magensaftresistente Beschichtungen von Tabletten kommen Phthalate zum Einsatz.
Dennoch haben Phthalate einen Vorteil: Jemand, der Produkte mit Weichmachern konsequent meidet, kann bereits innerhalb weniger Tage dafür sorgen, dass der Phthalat-Spiegel in seinem Körper messbar sinkt.
aktualisiert am 29.07.2015